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*Achtung, dieser Eintrag enthält schlechte Wortwitze*
Alter Schwede,
also spätestens seit "So finster die Nacht" bin ich mir ziemlich sicher, dass verminderter Alkoholkonsum schwere psychische Folgen nach sich zieht. Was unsere skandinavischen Freunde in Punkto Film und Literatur so produzieren, kann mitunter schon schwer auf den Magen schlagen. Gerade im Bereich der Jugendliteratur scheint man dort nicht gerade zimperlich zu sein, wenn es darum geht, gewisse Lehren für die lieben Kleinen besonders anschaulich zu machen.
Ein eindrucksvolles Beispiel hierfür ist das Kinderbuch "Nichts was im Leben wichtig ist". Was Janne Teller hier vor gut zehn Jahren als Debütroman vorlegte, hätte wohl sogar ihrem dänischen Kollegen Hans Christian Andersen leicht schlucken lassen. Kein Wunder, dass dieses Werk kurzfristig in den schwedischen Schulen verboten war. Dass es kurze Zeit später den schwedischen Kinderbuchpreis erhielt, spricht hingegen für die Fortschrittlichkeit des dortigen Kulturministeriums sowie für das Vertrauen, welches man anscheinend in die Kompetenz der schwedischen Jugend setzt, solche Stoffe angemessen verarbeiten zu können.
Wie auch immer, ich schweife ab. Just durch, möchte ich euch diese Buch wärmstens ans Herz legen. Nicht nur, weil es sich mit 150 Seiten und recht groß gedruckten Buchstaben in einem Rutsch konsumieren lässt, sondern vor allem, weil es unheimlich gut ist ... also erst mal vor allem unheimlich und schließlich auch unheimlich gut ...
Worum es geht: Es geht um eine siebente Schulklasse irgendwo in einem kleinen Nest in Schweden. Aus heiterem Himmel verabschiedet sich der Schüler Pierre Anthon eines Tages für immer aus dem Unterricht mit den Worten: "Nichts bedeutet irgendetwas. Das weiß ich schon lange. deshalb lohnt es sich nicht, irgendetwas zu tun. Das habe ich gerade herausgefunden." Seine Mitschüler zeigen sich allesamt verdutzt über das Verhalten Pierre Anthons, während der nihilistische Gedanke ihres Klassenkameraden bei jedem von ihnen auf unangenehme Art und Weise Fuß zu fassen scheint. Pierre Anthon sitzt fortan auf dem Ast eines Pflaumenbaums, von dem er seine Mitschüler auf ihrem Weg zur Schule verspottet. Da diesen die Vorstellung absoluter Bedeutungslosigkeit so gar nicht ins Konzept passt, beschließen sie, die These Pierre Anthons zu wiederlegen. Die Idee - es soll im wahrsten Sinne des Wortes Bedeutung angehäuft werden. Ein jeder von ihnen muss etwas bestimmen, was einem anderen von Bedeutung ist. Dieses muss abgegeben und auf den Berg von Bedeutung gelegt werden. Schon hier ist klar, dass damit ein gefährlicher Selbstläufer in Gang gesetzt wird. Viel mehr sei an dieser Stelle auch nicht verraten.
Mit dieser Geschichte ist Janne Teller eine äußerst eindrucksvolle und nachhaltig wirkende Parabel auf die menschliche Suche und Sucht nach Bedeutung gelungen. Wie konstruieren wir Bedeutung? Was ist Bedeutung für einen jeden? Und wozu sind wir fähig, wenn es darum geht, den Glaube an eine ungreifbare Sinnhaftigkeit aufrechtzuerhalten? Alles spannende Fragen, die dieses spannende Buch anregt und dabei eine Stimmung höchster Anspannung erzeugt (ich habe gewarnt), wie ich sie seit Birgit Vanderbekes "Muschelessen" nicht mehr in einem Buch dieser Art vorfand.
Wer Lust drauf und einen verregneten Nachmittag Zeit hat, der sollte unbedingt mal reinlesen. Schaden wird es sicherlich nicht.
Ein schönes Wochenende.
_________________ Wir stehen selbst enttäuscht und sehn betroffen/ Den Vorhang zu und alle Fragen offen.
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